Wie wird Juckreiz definiert?


Lange Zeit gingen Wissenschaftler davon aus, dass es sich bei Juckreiz (lateinisch Pruritus) um eine leichte Form des Schmerzes handelt. Mittlerweile hat man jedoch herausgefunden, dass es eine eigenständige Sinneswahrnehmung ist. Dabei reagieren bestimmte Nervengruppen auf chemische oder physikalische Reize sowie Neurotransmitter (Botenstoffe wie Histamin), woraufhin das Signal in den sensomotorischen Teil der Großhirnrinde weitergegeben wird.

Warum ist Juckreiz nachts stärker?

Möglicherweise liegt das an der Wärme im Schlafzimmer. Gerade in der kalten Jahreszeit möchten es die meisten Menschen wohlig warm haben, wenn sie ins Bett gehen. Das kann allerdings zu trockener Raumluft führen, die wiederum die Haut austrocknen lässt und Juckreiz fördert.

Ein anderer denkbarer Grund: Wissenschaftler gehen davon aus, dass nächtlicher Juckreiz etwas mit Hormonschwankungen zu tun haben könnte. In der Nacht erhöht sich das körpereigene Cortisol (Stresshormon), was womöglich Einfluss auf den Pruritus nimmt.

Welche Ursachen hat Juckreiz?


Juckreiz kann eine ganze Reihe von Auslösern haben. Grob unterteilen lassen sich seine verschiedenen Erscheinungsformen nach:

  • Pruritus con materi: Juckreiz als Begleiterscheinung von Hauterkrankungen
  • Pruritus sine materia: Juckreiz bei ersichtlich symptomfreier Haut, aber infolge von inneren Erkrankungen, Allergien, Kontaktgiften oder auch psychischen Krankheiten

Auch trockene Haut oder solche, die sich nach dem Sonnenbrand erneuert, neigt zu verstärktem Jucken.

Aha!

Alle Auslöser des Pruritus aufzuzählen, ist kaum möglich. Der Grund: Einerseits existieren zahlreiche allergene Stoffe und pflanzliche sowie tierische Gifte, die eine juckende Haut hervorrufen können. Andererseits ist der Zusammenhang zwischen Erkrankung und Juckreiz in vielen Fällen noch nicht geklärt.

Hauterkrankungen: Hauptauslöser von Juckreiz

Juckreiz ist als Symptom typisch für Hautkrankheiten. Das Missempfinden geht häufig mit folgenden Hautleiden einher:

  • Die Schuppenflechte (Psoriasis) kann durch verschiedene Faktoren, wie eine erbliche Veranlagung oder eine überschießende Immunreaktion, ausgelöst werden. Sie zeigt sich durch entzündete Hautbereiche, starke Schuppenbildung und Juckreiz.
  • Auch bei Neurodermitis (atopisches Ekzem) wird eine Störung des Immunsystems als Ursache vermutet. Die juckenden Stellen können am ganzen Körper auftreten, besonders aber an den Händen und Füßen, im Gesicht und am Auge. Begleitet werden sie oftmals von nässenden Hautarealen, Rötungen sowie Bläschen und Schuppen.
  • Bei Nesselsucht (Urtikaria) ist die Ursache oft unbekannt. Je nach Form der Urtikaria gibt es jedoch verschiedene Auslöser, wie bestimmte Nahrungsmittel oder einen Virusinfekt, welche die stark juckenden Quaddeln hervorrufen können.
  • Kontaktallergien finden sich häufig an den Händen, da sie in erster Linie mit dem Allergen, (allergieauslösender Stoff) wie Blütenpollen oder Duft- und Farbstoffe in Kosmetikartikeln, in Berührung kommen. Nach dem Kontakt bilden sich meist Quaddeln aus, die mitunter jucken.
  • Der Befall durch Hautpilze erfolgt oft über die Berührung mit kontaminierten Gegenständen oder durch direkten Körperkontakt einer kranken Person. Als Symptome zeigen sich unter anderem Hautstellen mit Rötung und Schuppenbildung, die auch durch einen unangenehmen Geruch auffallen können.
  • Von einem starken Juckreiz berichten Betroffene von Hautparasiten, wie beispielsweise Kopfläusen. Vor allem Kinder leiden oft unter Kopfläusen, da sie beim Spielen oder Kuscheln die Köpfe zusammenstecken (Ansteckungsrisiko). Dem ungefährlichen Parasiten sollte man mit einem Läusekamm und speziellen Mitteln zu Leibe rücken.
  • Eine trockene Haut (Xerodermie) tritt besonders häufig im Herbst und Winter bei trockener Heizungsluft auf. Neben einer juckenden Haut sind ein starkes Spannungsgefühl sowie Schuppenbildung weitere Symptome.

Eine weitere Hauterkrankung, die mal mit weniger Juckreiz, mal ganz ohne auskommt, ist das seborrhoische Ekzem (bei Säuglingen ist von Kopfgneis die Rede). Es weist typischerweise fettige, weißliche bis gelbliche Schuppen sowie gerötete Stellen auf. Warum genau es zum Auftreten der Hautentzündung kommt, ist noch nicht vollständig geklärt, es werden jedoch erbliche Faktoren vermutet.

Organische Erkrankungen, Psyche und Co.

Nicht immer sind es Hautkrankheiten, die Juckreiz auslösen, auch andere Auslöser sind möglich:

  • Bei Erkrankungen der Leber wie der Leberzirrhose oder bei Nierenschädigung mit anschließender Dialyse (künstliche Blutwäsche) kommt es aus nicht geklärter Ursache zu einem generalisierten Juckreiz.
  • Eine Schilddrüsenüberfunktion, Hormonschwankungen und Diabetes Mellitus (Zuckerkrankheit) können ebenfalls mit Hautjucken einhergehen. Bei der Zuckerkrankheit ist der Schuldige ein geschwächtes Immunsystem, das für Pilzerkrankungen anfälliger wird.
  • Auch die HIV-Infektion geht häufig mit juckendem Ausschlag einher, der wie bei anderen immunschwächenden Erkrankungen das Ergebnis einer Hautpilzinfektion sein kann.
  • Bei einer Nahrungsmittelallergie leiden Betroffene nicht zwangsläufig nur an den typischen Magen-Darm-Beschwerden. So kann beispielsweise eine Unverträglichkeit gegen Histamin (Gewebshormon) mit Juckreiz einhergehen. Lebensmittel, die Histamin enthalten, sind unter anderem Sauerkraut, Schalentiere, Tomaten, Erdbeeren, Ananas oder Rotwein.
  • Eine weitere mögliche Ursache ist eine Mangelernährung. Beispielsweise entsteht mitunter eine trockene, schuppende Haut mit Juckreiz, wenn zu wenig Zink aufgenommen wird.

Darüber hinaus gibt es psychische Krankheiten, die teilweise mit juckender Haut einhergehen, so beispielsweise Zwangsstörungen. Betroffene, die an einem Waschzwang leiden, haben oftmals mit trockener Haut zu kämpfen, die durch die ständige Konfrontation mit Reinigungsprodukten entsteht.

Ein weiterer Grund für Hautjucken liegt in der Einnahme bestimmter Medikamente. Als Nebenwirkung von beispielsweise Antibiotika, Entzündungshemmern (Antiphlogistika), Psychopharmaka, Gerinnungshemmern sowie Opiaten kann es zu vorübergehendem oder dauerhaftem Juckreiz kommen.

Unterschied akuter und chronischer Juckreiz

Akuter Pruritus stellt vor allem eine sensorische Schutzempfindung dar: Durch das Kratzen sollen vorrangig Fremdkörper oder Parasiten von der Hautoberfläche entfernt werden. Chronischer Juckreiz (hält länger als 6 Wochen an1) ist dagegen häufig das Symptom einer Erkrankung.

Wie lässt sich der Juckreiz lindern?


Wichtig ist, dass die Ursache bekämpft wird: Manchmal muss hierzu ein Arzt – erster Ansprechpartner ist der Hautarzt (Dermatologe) – aufgesucht werden, damit er herausfindet, ob eine Erkrankung oder ein anderer Auslöser für das Hautjucken verantwortlich ist. In einigen Fällen können sich Patienten aber auch selbst helfen, indem sie beispielsweise bei trockener Haut die richtige Pflege anwenden.

Wann zum Arzt?

Ein Arztbesuch ist dann ratsam, wenn

  • der Pruritus ungewöhnlich lange auftritt,
  • zusätzliche Beschwerden, zum Beispiel Abgeschlagenheit oder Fieber, hinzukommen und/oder
  • die Haut weitere Auffälligkeiten wie Quaddeln oder starke Rötung aufweist.

Juckreiz: Was passiert beim Arzt?

Am Anfang steht ein ausführliches Patientengespräch (Anamnese), bei dem der Arzt unter anderem folgende Fragen stellen wird:

  • Wann haben Sie den Pruritus das erste Mal bemerkt?
  • Wo juckt es besonders stark?
  • Welche Maßnahmen haben Sie bereits ergriffen? Hat etwas davon geholfen?

Zudem können Informationen zur bisherigen Krankheitsgeschichte, Vorbelastungen in der Familie (wie Allergien), begleitende Symptome oder die Einnahme von Medikamenten Hinweise auf die Ursache liefern.

Des Weiteren kann der Arzt eine körperliche Untersuchung durchführen, zum Beispiel lassen sich manche Veränderungen der inneren Organe durch das Abtasten ebendieser feststellen. Eine Blutuntersuchung kann Aufschluss darüber geben, ob Veränderungen oder Entzündungen von Leber, Galle und Co. vorliegen und womöglich den Juckreiz auslösen. Oft werden auch Abstriche der Haut und Schleimhäute entnommen.

Bei Juckreiz kann es unter Umständen einige Zeit und Untersuchungen dauern, bis eine eindeutige Diagnose feststeht. Erst wenn die Ursache bekannt ist, verordnet der Arzt eine geeignete Therapie. Je nach Auslöser ist es in einigen Fällen bereits ausreichend, ein Medikament gegen ein anderes zu tauschen, die Nähe zu Allergenen zu meiden oder eine Hyposensibilisierung (Allergieimpfung) durchzuführen. Manchmal sind aber langwierige Behandlung nötig, beispielsweise dann, wenn Leber- oder Nierenerkrankung ursächlich sind.

Das können Sie selbst tun

Bei akutem Juckreiz sollten Sie folgende Maßnahmen ausprobieren, um Abhilfe und Linderung zu schaffen:

  • Vermeiden Sie trockene Haut, da diese häufig der Auslöser für Pruritus ist. Konkret sollten Sie nicht zu häufig Baden oder Duschen. Auch ein zu trockenes Raumklima und Saunagänge können sich negativ auf die Haut auswirken.
  • Nach dem Waschen ist die richtige Hautpflege gefragt. Rückfettende Salben und/oder feuchtigkeitsspendende Cremes bieten sich vor allem bei trockener Haut an. Lassen Sie sich hierzu gerne von Ihrem Hautarzt oder Apotheker beraten, welches Mittel für Ihren Hauttyp das richtige ist.
  • Reduzieren Sie hautreizende Faktoren wie beispielsweise scharfes Essen, Alkohol, Stress oder Ärger.
  • Um gegen psychische Belastungen vorzugehen, bieten sich Entspannungstechniken wie autogenes Training, Yoga oder Qigong an.
  • amit die Haut nicht weiter gereizt wird, ist es sinnvoll, luftige und hautfreundliche Kleidung zu wählen. Dank der Leichtigkeit kann der Stoff nicht auf der Haut scheuern, während beispielsweise Textilien aus Baumwolle als hautsympathisch und atmungsaktiv gelten.
  • Wer an Pruritus leidet, sollte die betroffene Hautstelle kühlen. Als Hausmittel sind zum Beispiel feuchte Umschläge mit Joghurt oder etwas Essig zu nennen.
  • Bei Juckreiz können Sie auch auf pflanzliche Mittel aus der Apotheke zurückgreifen. Beispielsweise gibt es Cremes auf Basis von Mahonia und weiteren Pflanzenbestandteilen, die bei Hauterkrankungen mit Juckreiz Linderung verschaffen können.

Kratzen bei Juckreiz – lieber nicht!

Wenn es juckt, passiert es fast schon automatisch: Wir kratzen an der betroffenen Stelle. Und im ersten Moment führt dies auch zur Linderung der Beschwerde, denn der beim Kratzen verursachte Schmerz unterdrückt den Juckreiz.

Aber: Durch das Kratzen wird die Haut gereizt und es können kleine Wunden entstehen, die wiederum Entzündungen begünstigen beziehungsweise aufrechterhalten – und diese wiederum fördern den Juckreiz. Zudem ist es möglich, dass durch die kleineren Verletzungen Bakterien, Pilze und Co. eindringen und Infektion nach sich ziehen.

Kratzen sollten Pruritus-Geplagte lieber meiden, aber was kann man stattdessen tun? Den Drang einfach ignorieren fällt oftmals nicht leicht. Alternative Möglichkeiten sind sanftes Zwicken, Pusten oder Streicheln rund um die betroffene Stelle. Ein Tipp für Eltern: Gerade Kindern fällt es oftmals schwer, den Kratzdrang zu unterdrücken. Damit die Haut nicht in Mitleidenschaft gezogen wird, empfiehlt sich – vor allem nachts – das Tragen von Baumwollhandschuhen. Zudem kann es helfen, die Fingernägel relativ kurz zu schneiden.

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Tanja Albert Von der Schülerzeitung übers Journalismus-Studium in die Online-Redaktion von kanyo® - Tanja Albert hat das Schreibfieber gepackt. Gemischt mit ihrem Interesse für Ernährungs- und Gesundheitsthemen stürzt sie sich Tag für Tag in die medizinische Recherche - und bringt das Ganze auch in die Sozialen Netzwerke, nämlich als Social Media Managerin. Tanja Albert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Plewig, Gerd u.a.: Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie. S. 579.