Physikalische Grundlagen der Phototherapie
Was genau ist eigentlich Licht? Um diese Frage zu beantworten, ist ein kleiner Ausflug in die Physik nötig. Der Begriff "Licht" beschreibt in erster Linie den über die Augen wahrnehmbaren Bereich der elektromagnetischen Strahlung. Das für den Menschen sichtbare Spektrum umfasst dabei alle Strahlen mit einer Wellenlänge zwischen 400 (violett) und 750 (rot) Nanometern.1 Langwelligere Strahlen werden als Infrarotstrahlung, kurzwelligere als UV-Strahlung (und umgangssprachlich ebenfalls als Licht) bezeichnet. Als grobe Einteilung gilt:
- UV-Strahlung: 100 bis 400 Nanometer, unterteilt in UV-A, UV-B und UV-C-Strahlung
- sichtbares Licht: innerhalb von 380 bis 750 Nanometern
- Infrarotstrahlung: über 750 Nanometer2
Die genannten Strahlenarten stellen die sogenannte "optische Strahlung" dar. Sie können auf natürliche Art und Weise durch die Sonne entstehen, aber auch künstlich erzeugt werden (zum Beispiel durch Lampen, Solarien oder Laser).
Je nach Art der zu behandelnden Erkrankung, werden in der Phototherapie UV-Strahlen oder Strahlen mit einer Wellenlänge aus dem Bereich des sichtbaren Lichts eingesetzt (zum Beispiel Blaulicht).
UV-Strahlung: Die Details
UV-Strahlung wird nach ihrer Wellenlänge unterteilt. Je kürzer die Wellenlänge, desto energiereicher und damit schädigender ist die Strahlung für die menschliche Haut.
- UV-A (400 bis 315 Nanometer)
- UV-B (315 bis 280 Nanometer)
- UV-C (280 bis 100 Nanometer)3
UV-Strahlen der Sonne, aber auch die künstlich erzeugten (wie beispielsweise in Solarien) können positive wie auch negative Auswirkungen auf die Haut haben. Vor allem im Übermaß genossen schädigt UV-Strahlung das Erbgut der Hautzellen, was Hautkrebs begünstigen kann. Eine geringe und professionell dosierte Bestrahlung, wie während der Phototherapie, kann sich jedoch durchaus positiv auf Hauterkrankungen auswirken.
Lichttherapie bei Erkrankungen der Haut
Die Haut ist das größte Sinnesorgan des Menschen — und besonders häufig von Krankheiten betroffen. Vor allem an chronischen Beschwerden, wie sie unter anderem bei Neurodermitis oder Schuppenflechte auftreten, leiden mittlerweile etwa acht Prozent der Weltbevölkerung.4 Den Patienten steht dabei eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Neben Medikamenten und homöopathischen Mitteln kommt mittlerweile auch immer häufiger die Phototherapie zum Einsatz. Sie hemmt Entzündungsprozesse und lindert chronischen Juckreiz, indem sie das Regenerationsverhalten der Haut sowie das Immunsystem positiv beeinflusst. Gelingen kann dies, da die Strahlen durch ihren Energiegehalt die Stoffwechselvorgänge in den Zellen verändern. Unterschieden werden bei der Lichttherapie gegen Erkrankungen der Haut vor allem:
- Schmalband- UV-B-Therapie: Hierbei trifft Licht mit einer Wellenlänge von etwa 311 Nanometern auf die Haut.5 Durch den gezielten, schmalbandigen Einsatz kann exakt der erkrankte Hautbereich bestrahlt werde — somit bleiben gesunde Hautareale von der Bestrahlung unberührt.
- Psoralen-UV-A-Therapie (PUVA): Bei dieser Art der Behandlung werden zunächst sogenannte Psoralen oral (als Tabletten) verabreicht oder äußerlich angewendet (zum Beispiel als Bad oder Creme). Diese chemischen Wirkstoffe erhöhen die Lichtempfindlichkeit der Haut und unterstützen so die Wirkung der angewendeten UV-A-Strahlung.
Die Behandlung erfolgt in einer spezialisierten Hautarzt-Praxis oder Klinik. Als Lichtquelle dienen bei der Phototherapie spezielle Leuchtröhren in einem Teil- oder Ganzkörper-Bestrahlungsgerät (beispielsweise eine Kabine). Während der Therapie trägt der Patient eine UV-Schutzbrille.
Wichtig: Vor der Behandlung erfolgt in der Regel ein Test zur Bestimmung der individuellen UV-Empfindlichkeit der Haut (MPD-Test). So kann die Strahlendosis genau festgelegt und die Therapie so schonende wie möglich gestaltet werden. Im Durchschnitt sind etwa 15 bis 20 Termine nötig, um eine Verbesserung zu erzielen.6 Ob die entstehenden Kosten dabei von der Krankenkasse übernommen werden, hängt von unterschiedlichen Faktoren (beispielsweise der genauen Diagnose) ab und muss bei der jeweiligen Versicherung erfragt werden.
Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Auch bei sanfter Dosierung kann die Phototherapie mit UV-Strahlen die Haut reizen und zu Trockenheit und sonnenbrandähnlichen Erscheinungen führen. Möglich sind außerdem
- Haarwurzelentzündungen (selten)
- Lippenherpes (bei Menschen, die zu Lippenherpes neigen)
- rote Hautflecken (vorübergehend)
Zudem steigt — wie bei jeder Art von UV-Strahlung — das Risiko für das Auftreten von Hautkrebs, vor allem im Rahmen der oralen PUVA. Es wird empfohlen, im Laufe des Lebens nicht mehr als 150 einzelne orale PUVA-Behandlungen durchführen zu lassen.7
Um Nebenwirkungen gering zu halten, sollte natürliches Sonnenlicht am Tag der Behandlung gemieden werden.
Mittlerweile ist die Behandlung mit UV-Strahlen ein etabliertes Verfahren der Heilkunde und wird häufig angewandt. Als besonders wirksam erwiesen hat sich die Lichttherapie der Haut bei
- Neurodermitis (atopische Dermatitis),
- Schuppenflechte (Psoriasis) und
- Weißfleckenkrankheit (Vitiligo).
Außerdem bei vielen anderen Arten von Ekzemen, Juckreiz (Prurigo) sowie zur Vorbeugung von Sonnenallergien (polymorphe Lichtdermatosen).
Die Phototherapie kann in diesen Fällen nicht nur einen Rückgang der Entzündungen und eine Linderung von Juckreiz, Brennen oder Schmerzen bewirken. Auch das äußere Erscheinungsbild der Haut wird oftmals deutlich verbessert. Betroffene erleben so eine große Steigerung der Lebensqualität. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen ist es jedoch immer notwendig, die Vor- und Nachteile der UV-Phototherapie mit dem behandelnden Arzt abzuwägen.
Lichttherapie für die Psyche — Depressionen lindern
Neben den UV-Strahlen, dir überwiegend zu Behandlung von Erkrankungen der Haut eingesetzt werden, gibt es auch Formen der Lichttherapie, die eine Steigerung des psychischen Wohlbefindens bewirkt. Hierbei wird weißes Licht des sichtbaren Bereichs (also mit Wellenlängen zwischen 380 und 750 Nanometern) eingesetzt. Verwendet werden sogenannte Tageslichtlampen, die mit einer Intensität von etwa 10.000 Lux (Lux ist die Einheit der Beleuchtungsstärke) strahlen und so das Sonnenlicht imitieren — nur ohne UV-Strahlung. Zum Vergleich: Die normale Innenbeleuchtung eines Raumes bietet etwa 300 bis 800 Lux.8
Wirkt Licht auf den Körper ein, kommt es zu einer gesteigerten Ausschüttung von Serotonin, dem sogenannten Glücks- oder Wachhormon. Es wirkt entspannend, hebt die Stimmung und lindert Schmerzen. Ein Mangel an Serotonin spielt eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von psychischen Erkrankungen. Die Lichttherapie mit Tageslichtlampen findet daher vor allem Anwendung bei
- Antriebslosigkeit und Erschöpfung,
- Depression (vor allem Winterdepression),
- Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus sowie
- Schichtarbeit (zur Leistungssteigerung).
Die Strahlen der Lampe werden dabei über das Auge und den Sehnerv aufgenommen und regen so das Gehirn dazu an, für eine Ausschüttung von Serotonin zu sorgen. Wichtig: Vor Beginn der Lichttherapie ist eine augenärztliche Untersuchung empfohlen, da sich die Strahlen bei einigen Augenerkrankungen negativ auswirken können.
Anwendung der Lichttherapie für die Psyche:
Diese Art der Therapie kann zuhause durchgeführt werden. Notwendig ist lediglich die spezielle Tageslichtlampe, die jedoch in Elektronikfachgeschäften oder über den Onlinehandel erstanden werden kann.
Die Bestrahlung erfolgt am besten täglich morgens nach dem Aufstehen, um den Organismus zu aktivieren. Setzen Sie sich dafür in einem Abstand von etwa 50 Zentimetern vor die Lampe. Sie können dabei lesen, essen, arbeiten, schreiben oder ähnliches. Bei einer Lichtstärke von 10.000 Lux beträgt die Dauer der Behandlung etwa 30 Minuten. Ein positiver Effekt kann meist nach etwa drei bis fünf Tagen wahrgenommen werden.8
Phototherapie bei Neugeborenengelbsucht
Eine besonders häufige Anpassungsstörung von Neugeborenen ist die sogenannte Neugeborenengelbsucht (Ikterus neonatorum). Dabei entsteht im Körper des Babys zu viel Bilirubin, ein gelber Blutfarbstoff, der für gewöhnlich von der Leber abgebaut wird. Ist die Leber kurz nach der Geburt noch nicht vollständig ausgereift oder fällt besonders viel Bilirubin im kindlichen Köper an, lagert sich der Farbstoff im Gewebe und in schweren Fällen auch im Gehirn ab. Haut und Augen des Säuglings weisen eine gelbliche Färbung auf und es können Symptome wie Trinkunlust und Teilnahmslosigkeit auftreten.
Übersteigt der Gehalt von Bilirubin im Blut einen Grenzwert von etwa 18 Milligramm pro Deziliter, wird in der Regel eine Phototherapie eingeleitet.9 Diese soll verhindern, dass es zu Ablagerungen von Bilirubin im Gehirn und damit zu Hirnschäden beim Neugeborenen kommen kann.
Bei dieser Art der Lichttherapie wird die Haut des Babys im Krankenhaus rund um die Uhr mit sichtbarem Licht (keine UV-Strahlung) im Bereich von 410 bis 530 Nanometern bestrahlt.10 Durch den speziellen Energiebereich des Lichts, wandelt sich das Bilirubin in der Haut in eine wasserlösliche Substanz um und kann mit dem Urin ausgeschieden werden — die Leber wird entlastet. Der Säugling liegt dafür nur mit einer Windel und einem geeigneten Augenschutz bekleidet unter Weiß- und Blaulichtröhren. Wie lange die Therapie durchgeführt werden muss, hängt von Höhe des Bilirubingehalts im Blut ab.
Infrarotstrahlen zur Wärmebehandlung
Besonders häufig über dem Wickeltisch zu finden: Der Infrarotstrahler. Er soll verhindern, dass Babys beim Wickeln oder Umziehen zu schnell auskühlen. Doch auch Erwachsene nutzen diese Art der Phototherapie — häufig in Form von Rotlichtlampen.
Die Infrarotstrahlung wird auch als Wärmestrahlung bezeichnet und besonders gerne in der Medizin eingesetzt. Ihre Strahlungsenergie wird vom Körper aufgenommen und erzeugt einen Temperaturanstieg — dies fördert die Durchblutung und senkt die Muskelspannung. Häufig Anwendung findet die Infrarotstrahlung daher unter anderem bei Muskelschmerzen oder Arthrose.