Quälender Juckreiz und andere Beschwerden: Neurodermitis bei Babys und Kindern


Grundsätzlich kann eine Neurodermitis in jedem Lebensalter auftreten; die chronische Hautentzündung beginnt jedoch häufig im Säuglingsalter. Erste Anzeichen einer Neurodermitis bei Babys und Kindern sind eine gerötete, nässende Haut, die mit Schuppen, Bläschen oder teils Krusten bedeckt ist.

Wissenswert:

Häufiger Vorbote einer Neurodermitis ist Milchschorf, der sich durch
gelbe Schuppen, Krustenbildung und starken Juckreiz ankündigt. Nicht zu verwechseln ist dies mit Kopfgneis, bei dem sich fetthaltige, weiche Schuppen auf dem Kopf finden. Allerdings ist Kopfgneis eine vorübergehende, harmlose Hautveränderung, die eher ein kosmetisches Problem darstellt.

Folgende Bereiche sind häufig von der Hautentzündung betroffen:

  • das Gesicht, vor allem die Wangen
  • der behaarte Kopf
  • die Außenseiten von Armen und Beinen

Zu den sichtbaren Symptomen einer Neurodermitis kommt in der Regel ein quälender Juckreiz. Diesem können sich Babys und Kinder nur schwer entziehen, weshalb sie sich häufig die Haut blutig kratzen. Allerdings fördert dies Entzündungen, da durch die offenen Hautstellen Bakterien, Viren und Pilze leichtes Spiel haben, in die Haut einzudringen.

Das Hautbild verändert sich häufig im Laufe der Zeit: Im zweiten und dritten Lebensjahr lässt der nässende Ausschlag nach und es entstehen Knötchen, welche die Bläschen ablösen. Die Haut erscheint trockener und weist verdickte Stellen auf. Nun sind vor allem die Innenseiten von Armen und Beinen (Kniekehlen, Ellenbeuge) sowie die Handgelenksinnenseiten von der Neurodermitis betroffen.

In der Regel verbessert sich die Neurodermitis ab dem vierten Lebensjahr, bei einigen verschwindet sie sogar gänzlich. Allerdings besteht weiterhin die Möglichkeit, selbst noch im Erwachsenenalter unter einer trockenen, pflegeintensiven Haut zu leiden.

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Fördert unser modernes Leben eine Neurodermitis?


Ein wenig Schmutz hat noch niemanden geschadet – zumindest, wenn es um die Stärkung des Immunsystems geht. Allerdings wird das Spielen in der Natur, das Wühlen in der Erde und das Rascheln im Laub heutzutage nicht mehr so oft betrieben, wie noch vor einigen Jahrzehnten. Und auch durch die steigende Zahl von Kaiserschnitten fehlt Neugeborenen der Kontakt zu den Bakterien im Geburtskanal.

Gleichzeitig zu dieser Entwicklung nehmen Allergien und andere Erkrankungen in den letzten Jahren zu. Daher wird vermutet, dass der mangelnde Kontakt mit Schmutz, Bakterien und Co. und der gleichzeitige Zuwachs im Gebrauch von Desinfektionsmitteln und Co. das Immunsystem nicht ausreichend abhärtet. Aufgrund der übertriebenen „hygienischen“ Lebensweise kann sich bei Babys und Kindern die Entwicklung von Allergien und Autoimmunerkrankungen begünstigen – so auch Neurodermitis.

Neben dem modernen Lebensstil spielen jedoch auch erbliche Faktoren eine Rolle. Familienstudien verweisen darauf, dass die Veranlagung zur Neurodermitis in den Genen liegt. Kinder, bei denen bereits ein Elternteil an dem atopischen Ekzem leidet, haben ein 40 Prozent höheres Risiko, ebenfalls daran zu erkranken. Sind beide Eltern betroffen, steigt das Risiko sogar auf 70 Prozent2. Ebenso begünstigen Heuschnupfen und Asthma die Entwicklung einer Neurodermitis.

Liegt eine Veranlagung zur Neurodermitis vor, können verschiedene Faktoren einen Schub auslösen. Diese sind jedoch von Kind zu Kind unterschiedlich. Mögliche Auslöser sind:

  • Allergene wie bestimmte Lebensmittel (Ei, Milch oder Schokolade) sowie Hausstaubmilben, Schimmelpilzsporen oder Pollen
  • Infektionen wie eine Erkältung oder Grippe
  • Stress durch körperliche Erschöpfung oder seelische Belastungen
  • Reizstoffe wie bestimmte Kosmetikprodukte oder scheuernde Kleidung (Wolle)
  • Klimatische Faktoren, besonders in den kalten Monaten gibt die Haut vermehrt Feuchtigkeit ab und trocknet aus

Ob das Vermeiden auslösender Faktoren noch nicht erkrankte Kinder vor einer Neurodermitis schützt, ist bislang umstritten. Allerdings kann es bereits Betroffenen Linderung verschaffen und zu einem Hinauszögern der Schübe beitragen.

Behandlung von Neurodermitis beim Baby und Kind unterstützen


Da Neurodermitis bei jedem Menschen anders verläuft, gestaltet sich auch deren Behandlung individuell. Ein Patentrezept gibt es nicht. Für Eltern bedeutet dies in erster Linie: Geduld aufbringen, um die richtige Therapie für ihr Baby oder Kind zu finden. Dennoch können sie grundlegende Maßnahmen ergreifen, um zur Linderung der Beschwerden beizutragen:

  • Kratzgefahr durch lange Fingernägel:
    Eltern sollten darauf achtgeben, die Fingernägel ihres Kindes kurz zu halten. So können Infektionen durch das Kratzen minimiert werden.
  • Kleidung und Schuhe:
    Bei zu enger Kleidung aus scheuerndem Material, zum Beispiel Wolle oder Leinen, besteht die Gefahr von Hautreizungen. Der Juckreiz kann auch bei zu dicker Kleidung und damit einhergehendem Schwitzen ausgelöst werden. Vermeiden Sie daher auch Schuhe, bei denen sich Wärme staut, beispielsweise Gummistiefel. Generell sollte neue Kleidung gründlich – am besten mehrmals – gewaschen werden, um eventuell bei der Herstellung verwendete Chemikalien auszuspülen.
  • Duschen oder Baden?
    Bei Neurodermitis empfiehlt es sich, Babys und Kinder nur selten zu baden und wenn, dann nur kurz. Duschen trocknet die Haut weniger aus.
  • Hygiene und Pflege:
    Beim Händewaschen sollten Eltern darauf achten, dass ihre Kinder die Seife sorgfältig abwaschen und sich anschließend eincremen. Bei der Haarpflege am besten auf ein mildes Shampoo setzen, viele Zusätze können nämlich die Haut reizen.

Da die Haut von Babys sowie Kindern mit Neurodermitis trocken und reizbar ist, ist als Grundlage eine rückfettende Hautpflege zu empfehlen. Grund für das schlechte Hautbild bei Neurodermitis ist ein verringerter Harnstoffgehalt und damit Feuchtigkeitsgehalt der Haut sowie eine geringe Talgproduktion.

Das weitere Austrocknen der Haut muss unbedingt verhindert werden. Auf sehr trockenen Stellen sollten daher fettende Salben aufgetragen werden. Welcher Fettgehalt sich für die Neurodermitis des Kindes eignet, ist unterschiedlich. Da hilft es nur, verschiedene Produkte auszuprobieren – der Apotheker kann in diesem Fall beratend zur Seite stehen. Es gilt jedoch: Die individuelle Verträglichkeit des Kindes sollte im Vordergrund stehen.

Neben einer grundlegenden Pflege gibt es noch Allergie-Behandlungen sowie Lichttherapien. Ersteres zielt vorwiegend darauf ab, die allergieauslösenden Faktoren – sofern bekannt – zu meiden, während die Bestrahlung mit UV-Licht die Haut beruhigen soll. Diese Methode kommt bei Kindern allerdings nur mäßig zum Einsatz, um mögliche Folgen wie ein erhöhtes Krebsrisiko zu verringern.

Was tun bei Verschlechterung des Hautbildes?

In einigen Fällen reicht die grundlegende Behandlung nicht aus – das Hautbild verschlechtert sich. Um die Entzündung zu behandeln, können entzündungshemmende Medikamente zum Einsatz kommen. Enthalten diese beispielsweise Kortison, ist die Anwendung nur zeitlich begrenzt möglich, um Nebenwirkungen wie ein Verdünnen der Haut zu vermeiden.

Gegen einen starken Juckreiz sind ebenfalls Medikamente verfügbar. Vor allem Antihistaminika, sprich antiallergische Wirkstoffe, werden in Form von Tabletten gereicht. In manchen Fällen wird bei bakteriellen Infektionen auf Antibiotika zurückgegriffen.

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Tanja Albert Von der Schülerzeitung übers Journalismus-Studium in die Online-Redaktion von kanyo® - Tanja Albert hat das Schreibfieber gepackt. Gemischt mit ihrem Interesse für Ernährungs- und Gesundheitsthemen stürzt sie sich Tag für Tag in die medizinische Recherche - und bringt das Ganze auch in die Sozialen Netzwerke, nämlich als Social Media Managerin. Tanja Albert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1,2H. Renz-Polster, N. Menche, A. Schäffler: Gesundheit für Kinder. Kösel-Verlag München 2013. S.382.