Lichen sclerosus — alles Wichtige auf einen Blick

  • Definition: nicht-ansteckende chronische Hauterkrankung; vor allem im Intim- und Analbereich
  • Symptome: Juckreiz, Rötung, Bläschen, Blutergüsse, weiße und pergamentartige Hautstellen, Risse, Schuppen, Vernarbungen, Hautverengungen und -verklebungen; möglicherweise Funktionseinschränkungen der Genitalien und leicht erhöhtes Hautkrebsrisiko
  • Ursachen: nicht vollständig geklärt; wahrscheinlich Autoimmunerkrankung; mitunter Einflüsse durch Genetik, Hormone, mechanische Reize und bestehende andere Erkrankungen (beispielsweise Vulvodynie)
  • Diagnose: Arztgespräch, klinische Untersuchung, Blickbefund, teilweise Biopsie (Gewebeprobe); Achtung vor Verwechslung mit anderen Erkrankungen
  • Behandlung: Kortikosteroidcremes, Kortisonspritzen, immunsystemunterdrückende Salben, Laser- und Lichttherapie, operative Eingriffe; zusätzlich fettende Pflege, Vermeidung von Reizstoffen sowie Schutz vor mechanischen Reizen
  • Häufig gestellte Fragen

Was ist Lichen sclerosus?


Eine Frau leidet unter starkem Juckreiz im Intimbereich, ein typisches Symptom von Lichen sclerosus.

Lichen sclerosus ist keine Geschlechtskrankheit, sondern eine gutartige, chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die vor allem im Intimbereich auftritt und nicht ansteckend ist. Zudem gelten weder Infektionen noch allergische Reaktionen oder mangelnde Hygiene als Auslöser – verantwortlich sind mitunter Genetik, Hormone und mechanische Reize. 

Wer ist betroffen?

Grundsätzlich kann Lichen sclerosus bei beiden Geschlechtern in jedem Lebensalter auftreten, besonders häufig sind jedoch Frauen nach den Wechseljahren betroffen.2 Schätzungen zufolge leidet jede 50. Frau an der Krankheit.1 Bei Männern hingegen tritt Lichen sclerosus bei ungefähr 1 von 1.000 Männern auf.3

Die Erkrankung kommt am häufigsten im Intimund Analbereich vor, kann jedoch auch andere Körperbereiche betreffen (zum Beispiel die Achselhöhlen oder Innenseiten der Handgelenke). 

Woran lässt sich Lichen sclerosus erkennen?


Die Hauterkrankung verläuft typischerweise in Schüben und entwickelt sich über Jahre hinweg. Dabei treten abwechselnd Phasen mit intensiven Symptomen sowie Episoden mit weniger ausgeprägten Beschwerden (Remission) auf. Wenn die Krankheit bereits im Kindesalter auftritt, verschwindet sie in der Pubertät häufig, nur um später erneut aufzutreten.4  

Im Frühstadium zeigt sich folgendes Krankheitsbild: 

  • Blutergüsse (Purpura) 
  • Bläschenbildung 

Im späteren Stadium

  • Wundschmerz aufgrund von Hautverletzungen (verursacht durch Risse oder Kratzen) 
  • Schuppenbildung 
  • Hautverengung (bei Frauen: zum Beispiel Schrumpfen oder Verkleben der Schamlippen, Verengung des Scheideneingangs und der Klitorisvorhaut; bei Männern: unter anderem Verklebung oder Verengung der Vorhaut und der Harnröhre) 

Lichen sclerosus kann im fortgeschrittenen Stadium zu schwerwiegenden Komplikationen (teilweise bis hin zu anatomischen Veränderungen) führen. Bei unbehandeltem Verlauf führen diese Veränderungen zu funktionellen Einschränkungen wie 

  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (zum Beispiel infolge einer schmerzhaften Erektion) oder 
  • Probleme beim Wasserlassen und beim Stuhlgang.

Männer und Frauen 

Die Symptome unterscheiden sich je nach Geschlecht: Bei Frauen tritt häufiger Juckreiz im Genitalbereich auf, während Männer eher über Erektionsstörungen und Schmerzen klagen.5 

An diesen Stellen befinden sich typischerweise die veränderten Hautstellen:  

  • Bei Frauen: Vulva (äußerer Genitalbereich), vor allem Schamlippen und Klitoris 
  • Bei Männern: Penis, insbesondere Eichel und Vorhaut 
  • Harnröhrenausgang 
  • Damm (Körperregion zwischen After und äußeren Genitalien) 
  • Analbereich 
  • Gesäßfalte 

Obwohl Lichen sclerosus überwiegend den genitalen Bereich betrifft, können in seltenen Fällen (ca. 15 Prozent1) auch andere Bereiche außerhalb des Intimbereichs betroffen sein.  

Dazu zählen beispielsweise diese Hautstellen: 

  • Innenseite der Oberschenkel 
  • Unterbrustfalte 
  • Mundschleimhaut 
  • Hals 
  • Schultern 
  • Ellenbeuge 

Zudem treten infolge der Krankheit manchmal Infektionen im Genitalbereich auf (beispielsweise durch Bakterien, Herpesviren oder Hefepilze). Doch Vorsicht: Häufig werden die Symptome des Lichen sclerosus auch mit solchen Folgeinfektionen verwechselt.1,2  

Hautkrebs durch Lichen sclerosus? 

Das Risiko für Hautkrebs ist in den betroffenen Bereichen bei Lichen sclerosus leicht erhöht. Daher ist eine ärztliche Überwachung wichtig, um mögliche Veränderungen der Haut rechtzeitig zu identifizieren. 

Was verursacht Lichen sclerosus?


Die genauen Ursachen für das Auftreten von Lichen sclerosus sind bislang nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt. Dabei greift das Immunsystem die körpereigenen Zellen an. 

Zusätzlich scheinen auch weitere Faktoren für das Auftreten der Krankheit eine Rolle zu spielen: 

  • genetische Veranlagung: In etwa 10 Prozent der Fälle sind auch Familienangehörige betroffen, was auf erblich bedingte Ursachen hindeutet.6 
  • hormonelle Einflüsse: Besonders oft tritt Lichen sclerosus bei Frauen nach den Wechseljahren (schätzungsweise sind 3 Prozent der über 80-jährigen Frauen betroffen). Daher haben möglicherweise Hormone (unter anderem Testosteron) einen Einfluss.5,6 
  • mechanische Reize: Wiederholte Reibung, Kratzen, kleinere Verletzungen oder auch Traumata und Operationen im Intimbereich können entzündliche Prozesse begünstigen. Mitunter führen diese zu einer als Köbner-Phanömen bezeichneten Hautreaktion (also das Auftreten einer Hautkrankheit an Körperstellen, die durch äußere Reize geschädigt wurden).7 

Gut zu wissen 

Der Name der Krankheit stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus lichen („Flechte“) und sklerose („hart“) zusammen. Die Namensgebung verweist auf das typische Erscheinungsbild der Erkrankung, das an die Struktur von Baumflechte erinnert. 

Darüber hinaus geht Lichen sclerosus zusätzlich auch oft mit weiteren Autoimmunerkrankungen bzw. chronisch-entzündlichen Krankheiten einher wie 

  • entzündlichen Darm- oder Schilddrüsenerkrankungen
  • Vulvodynie (chronische Schmerzerkrankung der Vulva). 

Weitere potenzielle schubfördernde Einflussfaktoren sind darüber hinaus:1 

  • Hitzestau/Nässe 
  • bestimmte Lebensmittel (mitunter können Zucker und hoch verarbeitete Nahrungsmittel Entzündungen im Körper fördern) 

Wie stellt der Arzt Lichen sclerosus fest?


Grundsätzlich gilt bei Lichen sclerosus der Hausarzt als erster Ansprechpartner. Ist die Diagnose unsicher oder eine spezielle Behandlung erforderlich, kann dieser eine Überweisung an den GynäkologenUrologen oder Dermatologen (Hautarzt) ausstellen. 

Die Diagnose von Lichen sclerosus basiert in der Regel auf einem Arztgespräch sowie einer klinischen Untersuchung: 

  • Durch einen Blickbefund kann der Arzt die charakteristischen Hautveränderungen erkennen. 
  • In fortgeschrittenen Fällen sind die typischen Symptome meist eindeutig, eine Diagnose im Frühstadium kann sich jedoch als schwierig erweisen. Zum Teil kommt es auch zu Falschdiagnosen, da die Symptome des Lichen sclerosus mit anderen Hauterkrankungen (zum Beispiel PsoriasisEkzemen oder allergischen Reaktionen) verwechselt werden.  
  • In unklaren Fällen oder bei Verdacht auf Hautkrebs wird häufig eine Biopsie (Gewebeprobe) durchgeführt. Die Untersuchung ermöglicht die histologische (= mikroskopische Gewebe-) Bestätigung der Erkrankung. 

Wie lässt sich Lichen sclerosus behandeln?


Da es sich bei Lichen sclerosus um eine chronische und meist unheilbare Erkrankung handelt, zielt die Therapie darauf ab, die Symptome zu lindern, den Krankheitsverlauf zu kontrollieren und Komplikationen zu vermeiden

Folgende Mittel kommen für die Behandlung infrage: 

  • Kortikosteroidcremes  
  • Kortisonspritzen 
  • Immunsystemunterdrückende Salben (Calcineurin-Inhibitoren) 
  • Laser- und Lichttherapie (aktuell in Studienphase) 
  • operative Eingriffe 

Eine Operation ist erforderlich, wenn Hautkrebs oder eine Vorstufe diagnostiziert wurde und der Tumor entsprechend entfernt werden muss.  

Auch bei einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Vernarbungen oder Verwachsungen können chirurgische Eingriffe zur Linderung der Beschwerden beitragen: 

  • bei Männern: Beschneidung aufgrund von Vorhautverengung (kann unter Umständen sogar zur Heilung führen4
  • bei Frauen: chirurgische Korrektur der Vulva bei Vernarbungen oder Verklebungen, teilweise sogar Vaginoplastik (Verfahren zur Verengung oder Straffung des Vaginalgewebes) zur Wiederherstellung der Anatomie (Erfolg allerdings nicht immer dauerhaft)
Ein chirurgischer Eingriff infolge von Funktionseinschränkungen bei Lichen sclerosus kann die Lebensqualität der Betroffenen wiederherstellen.

Zusätzlich zur medikamentösen und chirurgischen Behandlung spielen unterstützende Maßnahmen eine wichtige Rolle bei der Behandlung: 

  • fettende Pflege: Verwenden Sie regelmäßig fette Cremes, um die Haut im betroffenen Bereich zu schützen und ihre Elastizität zu erhalten. 
  • Vermeidung von Reizstoffen: Achten Sie darauf, den Genitalbereich nicht übermäßig zu waschen. Verwenden Sie idealerweise nur Wasser und verzichten Sie auf Vaginaspülungen oder feuchte Toilettentücher. 
  • Schutz vor mechanischen Reizen: Tragen Sie lockere, nicht scheuernde Kleidung und vermeiden Sie enge Unterwäsche. Zudem kann es hilfreich sein, den Stuhlgang weich zu halten (beispielsweise durch Flohsamenschalen), um schmerzhafte Einrisse zu vermeiden. Ein weicher Fahrradsattel kann ebenfalls helfen, Reizungen im Intimbereich zu minimieren. Geben Sie dem Juckreiz zudem am besten nicht durch Kratzen nach. 

Lichen sclerosus: Lebenslange Behandlung 

Eine frühzeitige und konsequente Behandlung ist entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Da Lichen sclerosus chronisch verläuft und das Risiko für Hautkrebs erhöht ist, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Hautarzt unerlässlich. Diese dienen der frühzeitigen Erkennung möglicher bösartiger Veränderungen. Ohne angemessene Behandlung haben erkrankte Frauen ein um etwa 4 Prozent höheres Krebsrisiko, welches jedoch durch die geeignete Therapie stark minimiert werden kann.1  

Leben mit Lichen sclerosus


Die mit Lichen sclerosus einhergehenden Beschwerden sind oft nicht nur körperlich, sondern auch emotional sehr belastend. Zu den Ursachen des erhöhten Leidensdrucks zählen: 

  • chronische Schmerzen und starker Juckreiz 
  • Beeinträchtigung des Sexuallebens  
  • Angst und Schamgefühl durch körperliche Veränderungen und neues Selbstbild 

Für viele Menschen können der Austausch mit anderen BetroffenenSelbsthilfegruppen oder Psychotherapie eine Unterstützung sein, um mit den physischen und psychischen Herausforderungen besser umgehen zu können. Mit der richtigen Therapiefrühzeitiger Behandlung und regelmäßiger Kontrolle können die meisten Betroffenen gut mit Lichen sclerosus leben.

Häufig gestellte Fragen zu Lichen sclerosus


Was ist der Auslöser für Lichen sclerosus?

Die genaue Ursache von Lichen sclerosus ist nicht vollständig bekannt. Wahrscheinlich handelt es sich bei der Erkrankung um eine Autoimmunreaktion. Weitere Faktoren sind die genetische Veranlagung, hormonelle Veränderungen, mechanische Reize sowie bestehende andere Erkrankungen.

Was hilft bei Lichen sclerosus?

Zur Behandlung von Lichen sclerosus werden meist kortisonhaltige Salben, Calcineurin-Inhibitoren (wirken immunsystemunterdrückend), Laser- und Lichttherapie sowie operative Eingriffe angewendet. Auch fettende Cremes, die Vermeidung von Reizstoffen und der Schutz vor mechanischen Reizen können unterstützend wirken.

Wie sieht Lichen sclerosus im Genitalbereich aus?

Im Genitalbereich zeigt sich Lichen sclerosus häufig durch weiße, glänzende Hautstellen. Typisch sind außerdem Risse und Blutergüsse sowie die Ausdünnung und Vernarbung der Haut. Im weiteren Verlauf können Hautverengungen und Verklebungen entstehen. Bei Frauen zeigt sich die Erkrankung häufig an der Vulva (insbesondere an den Schamlippen und der Klitoris), bei Männern sind oftmals Eichel und Vorhaut betroffen.

Kann Lichen sclerosus wieder verschwinden?

Bei Lichen sclerosus handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die in der Regel nicht von selbst verschwindet. Mit einer frühzeitigen und konsequenten Behandlung können der Verlauf jedoch kontrolliert und die Symptome deutlich gemildert werden. Lichen sclerosus verläuft dabei in Schüben und kann auch in Phasen der Remission jederzeit wieder auftreten. Eine langfristige Nachsorge ist daher wichtig, um Komplikationen zu vermeiden.

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Anna Bohn Seit sie denken kann verfasst Anna Bohn bereits Texte – früher vor allem Gedichte und Kurzgeschichten. Die Freude am Schreiben verbindet sie bei kanyo® mit ihrem Interesse an der Funktionsweise des menschlichen Körpers. Nach einem Bachelor in Kommunikationswissenschaft vertieft sie derzeit ihr Wissen im Masterstudium für PR und Unternehmenskommunikation an der Hochschule Ansbach. Anna Bohn Autorin kanyo® mehr erfahren
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