Der natürliche Verlauf der Neurodermitis


Neurodermitis, auch atopisches Ekzem genannt, beginnt häufig in der Säuglings- und Kleinkindzeit. Bei Säuglingen kann Milchschorf ein Vorbote von Neurodermitis sein. Etwa die Hälfte der Patienten erkrankt in den ersten sechs Lebensmonaten an Neurodermitis, weitere zehn Prozent bis zum Ende des ersten Lebensjahrs.

Im Alter von fünf Jahren haben bereits 70 bis 85 Prozent der Betroffenen eine Neurodermitis entwickelt. In seltenen Fällen tritt eine Neurodermitis erst im Erwachsenenalter auf. Mediziner sprechen in diesen Fällen von einem „spätmanifesten atopischen Ekzem". Der natürliche Verlauf einer Neurodermitis ist also gekennzeichnet durch:

  • einen frühen Erkrankungsbeginn
  • eine Phase von Beschwerden im Kindesalter
  • einem Abklingen der Hautausschläge zumeist im Schulalter

Bis zum frühen Erwachsenenalter sind etwa 60 Prozent der erkrankten Kinder symptomfrei, auch wenn die Neurodermitis nie ganz verschwindet, da sie zu den chronischen Krankheiten gehört. Nach dem 30. Lebensjahr leiden nur noch rund drei Prozent der Betroffenen unter akuten Schüben.

Neurodermitis: Komplikationen und Begleiterkrankungen


Neurodermitis ist keine ansteckende Erkrankung. Jedoch klagen Betroffene über einen starken Juckreiz. Gerade Kleinkindern fällt es schwer, diesen zu kontrollieren und die Haut nicht mit den Nägeln aufzukratzen. Selbst im Schlaf kratzen viele Patienten, was einen verhängnisvollen Kreislauf in Gang setzt: Juckreiz führt zu Kratzen, das Kratzen verletzt die Haut, Entzündungsstoffe werden freigesetzt und verstärken den Juckreiz.

Die Hautverletzungen sind auch deshalb problematisch, weil die offenen Hautstellen leicht von Bakterien, Viren oder Pilzen befallen werden können. Bei Neurodermitis treten häufig folgende Komplikationen durch Infektionen auf:

  • Furunkel, Karbunkel (Eiterbeulen) und andere Krankheiten, die durch Staphylokokken hervorgerufen werden
  • Entzündungen der Binde- und Hornhaut (atopische Keratoconjunctivitis) im Auge ab dem Alter von zehn Jahren
  • Dellwarzen oder Herpes mit wässrigen Bläschen (Ekzema herpeticatum), welche durch Viren verursacht werden
  • durch Pilze ausgelöste Ekzeme (zum Beispiel das Seborrhoische Ekzem)

Die Infektionen verschlechtern den Zustand der ohnehin gestressten Neurodermitis-Haut, wodurch diese noch mehr an Feuchtigkeit und damit Schutzfunktion verliert. Einige Begleiterkrankungen wie das Herpes-Ekzem führen zudem zu schweren Allgemeinsymptomen. Neben Infektionen kommen auch andere Komplikationen bei Neurodermitis vor.

Bei nässenden Stellen eines Neurodermitis-Schubs kann es vor allem bei Säuglingen zu ernsten Eiweißverlusten kommen. Das heißt, die gereizte Haut verliert mehr Feuchtigkeit und Eiweiße, da die Hautbarriere gestört ist. Im schlimmsten Fall können Herz- und Kreislaufprobleme entstehen. Außerdem besteht bei Neurodermitis-Patienten ein erhöhtes Asthma-Risiko.

Komplikation Mangelernährung bei Neurodermitis

Zwar können verschiedene Lebensmittel den Verlauf einer Neurodermitis negativ beeinflussen oder sogar einen Schub auslösen. Bevor Sie sich oder Ihrem Kind mit einer falschen Diät jedoch schaden, suchen Sie Rat bei einem auf Allergien spezialisierten Arzt. Bei einer einseitigen Ernährung droht sonst die Gefahr von Mangelerscheinungen oder sogar Wachstumsverzögerungen bis hin zu Kleinwuchs.

Auch psychische Auffälligkeiten können Komplikationen einer Neurodermitis-Erkrankung sein. Da der Schlaf durch den Juckreiz gestört ist, können Betroffene tagsüber leicht reizbar oder unausgeglichen sein. Der Spott, den die Kinder durch ihr auffälliges Erscheinungsbild ertragen müssen, kann zu Kontaktscheue bis hin zu sozialem Rückzug führen. Sollten Sie psychische Auffälligkeiten bei Ihrem Kind feststellen, weisen Sie den behandelnden Arzt darauf hin.

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Verlauf eines akuten Neurodermitis-Schubs


Die Diagnose Neurodermitis bedeutet für Betroffene kein einmaliges Leiden, sondern das tägliche Leben mit einer chronischen Erkrankung. Phasen mit relativer Beschwerde- und Symptomfreiheit wechseln sich dabei mit akuten Krankheitsschüben ab. Diese akuten Schübe werden meist durch bestimmte Allergene wie Pollen oder spezielle Lebensmittel ausgelöst. Im Winter treten sie verstärkt auf.

Der Verlauf eines akuten Neurodermitis Schubs stellt sich in der Regel wie folgt dar:

  • zunächst leicht gerötete oder schuppige Hautstellen mit Juckreiz
  • kleine Knötchen, Schwellungen und Bläschen erscheinen
  • Bläschen platzen auf und nässende Hautstellen entstehen
  • über dem Ausschlag bildet sich eine dünne Kruste

Wie stark die einzelnen Schübe sind und in welchem zeitlichen Abstand sie auftreten, ist sehr unterschiedlich und kann nicht vorhergesagt werden. Bei manchen dauern die Schübe Tage oder Wochen, andere Betroffene klagen mehrere Monate über akute Hautausschläge. Die Behandlung eines akuten Schubs sollten Sie mit Ihrem Arzt abstimmen.

Wissenswert:

Während eines Neurodermitis-Schubs sollten Eltern Ihre Kinder nicht impfen lassen, da das Immunsystem überfordert sein kann.

Verlauf der Neurodermitis in verschiedenen Altersstufen


Das Erscheinungsbild der Neurodermitis verändert sich sehr stark mit dem Alter des Patienten. Über den typischen Verlauf der Neurodermitis-Symptome lässt sich das atopische Ekzem von anderen Ekzemen unterscheiden:

  • Im Säuglingsalter bis zum zweiten Lebensjahr sind vorzugsweise das Gesicht, die Wangen, die Kopfhaut und die Streckseiten der Arme und Beine betroffen. Die Haut ist großflächig gerötet, es kommt zu nässenden und verkrusteten Hautpartien.
  • Vom zweiten bis zum zwölften Lebensjahr treten bei einem typischen Neurodermitis-Verlauf eher schuppige Knötchen und Rötungen, vor allem an den Beugen von Armen und Beinen und am Hals, auf. Sonderformen sind Ekzeme um den Mund herum (Schleckekzeme), sowie Hand- und Fußekzeme.
  • Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen können grundsätzlich alle Stellen des Körpers betroffen sein. Neben den Beugeflächen zeigt sich der Ausschlag nun besonders im Gesicht, an den Händen und Füßen.
  • Nach dem 30. Lebensjahr tritt Neurodermitis insbesondere in Form von kleinen, juckenden Knötchen (Purigoknötchen) auf. Häufig befallene Stellen sind Stirn, Augenlider, Hals und die klassischen Beugeflächen. Auch zwischen den akuten Schüben ist die Haut über große Bereiche hinweg lederartig verdickt.

Auch wenn sich Neurodermitis oft bis zur Pubertät zurückbildet, haben Betroffene lebenslang mit trockener Haut zu kämpfen, die einer speziellen Pflege bedarf. In den Phasen zwischen den Schüben eignen sich hierfür rückfettende Cremes, bei akuten Schüben kann diese Basispflege um wirkstoffhaltige Zusätze ergänzt werden.

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